Zahnmedizin

Die Erkenntnis, dass zahnmedizinische Aspekte in der Umweltmedizin eine Rolle spielen könnten, wurde erst gewonnen nachdem der Darm einer genauen Untersuchung unterzogen wurde. Die Vermutung, dass manche Darmerkrankungen ihre Ursache in dem höher gelegenen Teil des Verdauungstraktes haben könnten, war durchaus berechtigt. Was sich im Mund befindet, landet früh oder spät im Darm. Eine Tatsache, die nicht nur auf die Nahrungsaufnahme oder bakterielle Wechselwirkungen zutrifft, sondern allenfalls auf jegliche sich im Mund befindlichen Substanzen.

Die Wahrnehmung der zahnärztlichen Tätigkeit wurde lange, und wird teilweise vielfach noch, von der Allgemeinmedizin getrennt betrachtet, sei es durch die Betonung der handwerklichen Aspekte, sei es durch die getrennten Studiengänge. Gemeinsamkeiten ergeben sich oft lediglich bei der Erfassung des allgemeinmedizinischen Zustandes im Rahmen der Anamnese des Patienten. Die Fragestellung, ob der Allgemeinzustand des Patienten diese oder jene zahnärztliche Behandlung ermöglicht, herrscht vor. Nur am Rande wird erfragt, ob diese oder jene zahnärztliche Behandlung auch Auswirkungen auf den allgemeinmedizinischen Zustand des Patienten haben könnte.

In dem isolierten Bereich ‚Mund‘ kommen dann guten Gewissens die von der FDA zugelassenen Materialien zur Anwendung. Im Gegensatz zur Allgemeinmedizin, wo in Abstimmung mit dem Patienten nach einem für den individuellen Organismus verträglichen Präparat gesucht wird, kommt hier für jeden das gleiche Material zum Einsatz. Das Angebot des Marktes ist umfangreich. Der Leistungserbringer orientiert sich an Qualität, Verarbeitungstechnik oder Preis. Der Gesetzgeber verlangt bezüglich der Mindestmengen der Inhaltsstoffen keine Angaben; zur Wahrung des Fabriksgeheimnisses gibt der Produzent diese auch nicht freiwillig bekannt.

Die Umweltzahnmedizin bemüht sich, durch die sorgfältige Auswahl der Behandlungen bzw. gebrauchten Materialien dem Patienten möglichst wenig zu schaden bzw. vorhandene Schäden zu beheben. Dabei werden keine Fachgebiete überschritten. Vielmehr findet die Behandlung in enger Zusammenarbeit mit Ko-Therapeuten, nicht zuletzt dem Umweltmediziner, statt. In konsiliarischer Tätigkeit wird versucht Krankheitsbild, medizinischen und zahnmedizinischen Befund in Übereinstimmung zu bringen. Dabei kommt der Zahnmedizin eine ungewohnt bedeutende Rolle zu: kaum eine andere medizinische Disziplin baut soviel Fremdmaterial im Organismus ein, keine andere medizinische Disziplin tötet soviel lebendiges Gewebe ab, um die organisch zerfallenen Reste im Mund zu belassen, so wie es bei der Devitalisierung der Zähne der Fall ist. Die inkorporierten Materialien mögen zwar für die Mundhöhle zweckdienlich sein, sie können aber auch erheblichen Schaden anrichten. Eingebaute Werkstoffe führen zu mehr oder weniger toxische, mehr oder weniger immunologische Folgen. Wo bei der Toxizität die Dosis das Gift macht, gilt bei der Überempfindlichkeit die ja/nein-Antwort: bereits eine Minimalstdosis kann das Immunsystem dauerhaft belasten. Sofern es sich nicht um herausnehmbare Versorgungen handelt, hat der Patient gegen die dauerhaften, 24/7 vorhandenen Nebenwirkungen keinen Verwehr.

Die Umweltzahnmedizin macht sich zum Ziel, sowohl durch eine für klassische Begriffe ungewohnt umfangreiche Anamnese und durch im Vorfeld der Behandlung ausgeführte Verträglichkeitstests, zu vermeiden, dass iatrogene Schäden entstehen, als auch bereits vorhandene Schäden gezielt zu beseitigen. Bereits im Mund vorhandene Materialien können im Nachhinein durch Probeentnahmen auf Verträglichkeit untersucht und ggf. durch andere, biologischere und/oder verträglichere Wirkstoffe ersetzt werden. Speicheltests geben Hinweise auf Korrosion oder Abrieb vorhandener Materialien. LTT- und BDT-Tests geben Aufschluss über Unverträglichkeiten. DVT Aufnahmen sind durch die dreidimensionale Darstellung bei Befunderhebung und Behandlung unentbehrlich. Ultraschalluntersuchungen (Cavitau) geben Hinweise auf Knochendichte und liefern nicht nur präimplantologische Informationen, sondern zeigen ebenfalls zuverlässig vorhandene Entzündungen im Kieferknochen (FDOK, Rantes) oder an den Zähnen. Um eine optimale Heilung chirurgischer Eingriffe zu bewirken, werden präoperativ und postoperativ Biomarker (Lipidenhaushalt, Fettsäuren, Vitamine D/K) überprüft, und wo nötig werden die Werte durch die Einnahme geeigneter medizinischer Präparate oder Nahrungsergänzungsmittel korrigiert.

Angesichts der bekannten, schädigenden Wirkung wird auf jegliches Metall verzichtet. Neue Materialien machen es heute möglich, komplett metallfreie Versorgungen anzufertigen. Zirkon und PEEK sind Mittel der Wahl bei prothetischen Konstruktionen, mit oder ohne Implantologie. Als Füllungswerkstoff kommen nur ‚biologische‘ Kunststoffe mit niedrigem Monomeranteil und hoher Widerstandsfähigkeit gegen die Enzyme im Speichel zur Anwendung. Amalgam wird restlos entfernt unter besonderen Schutzvorkehrungen und parallel laufendem Entgiftungsprotokoll. Eine weiterführende Entgiftung, vom Fachkollegen vorgenommen, kann sich anschliessen. Chronische Erkrankungen sind auf dem Vormarsch. Durch neue Erkenntnisse, Techniken und Wirkstoffe ist der Umweltzahnmediziner in der Lage die Zusammenhänge zu erkennen und kausal kurativ oder prophylaktisch zu handeln, um so zu mehr Lebensqualität für die Betroffenen und eine gesundere Umwelt für alle beizutragen.